Buchstäbliches – F

Frühe Schriftsysteme und Alphabete kannten das F in seiner heutigen Form und Lautzuordnung noch nicht. Möglicherweise entstand aus dem semitischen Waw über Zwischenstufen in späterer Zeit das F. Dabei gab es manche Verschiebungen und Aufspaltungen. Die Ähnlichkeit des Waw sowohl mit dem F als auch mit dem Y ist nicht zufällig: Es wurde bei seiner Übernahme durch die Griechen am Ende des Alphabets als Ypsilon eingesetzt und – hinter dem T – als Laut mit Zuordnungen wie U, V, oder W verwendet.

semitisch (Waw)

griechisch (Digamma)

frühlateinisch

Cap. Monum.

Cap. Quadrata

Cap. Rustica

röm. Handschrift

In Anlehnung an die Form des griechischen Gamma – ein links oben zusammentreffender rechter Winkel – nannte man diesen Buchstaben zunächst Digamma, doppeltes Gamma; eine Bezeichnung, die in klassischen Alphabeten nicht mehr vorkam. Daneben gab es Formen, in denen der in der Mitte angesetzte Querstrich an das untere Ende des Stammes rutschte. Die Ähnlichkeit mit dem Zeichen für den F-Laut PH – ein von einem senkrechten Stich gekreuzter Kreis – ist zufällig.
Während die griechischen Kolonisten den Buchstaben noch im Umfeld des V-Lauts verwendeten, tauchte er in seinen frühen lateinischen Versionen, zunächst spiegelbildlich umgeklappt, als F auf. Eine historische Vermittlung durch die Etrusker ist nicht erkennbar, doch in den etruskisch beeinflussten faliskischen, oskischen, und alpinen Schriften fanden sich Zeichen für den F-Laut, die westgriechische Vorbilder haben. Gestützt auf eine der frühesten lateinischen Inschriften vom Anfang des 6. Jahrhunderts vor Christus, vermutet man, dass das F aus einer Verkürzung von FH hervorging.
In den gebrochenen Schriften bildete sich bei der Versalie eine Verdopplung des Stammes und ein S-förmiger Schwung heraus, in manchen Ausprägungen mit nach links überragenden oberem Querstrich.

Unziale

Halbunziale

angelsächisch

karolingische Minuskel

gotische Buchschrift

Rotunda

Textur

Dürer Lombard.

got.-lombard. Initial

gotische Textur

Bastarda, 15. Jh

Im 4. Jahrhundert vor Christus wendeten sich mit dem Wechsel der Schreibrichtung die beiden Querstriche des F wieder nach rechts, eine strengere Waagerechte löste die leichte Neigung ab. Die überstarke Serife am unteren Ende des F der Capitalis Rustica erschwert beim Lesen flüchtig geschriebener Texte die klare Trennung vom E. Deshalb erhielt das F eine leichte Oberlänge. In der handschriftlichen römischen Kursive wandelte sich die obere Ecke zum Bogen, der mittlere Strich ragte häufig nach links über den Stamm hinaus.
In der Unziale senkte sich dieser Strich dann bis auf das Niveau der Schriftlinie, der Stamm verlängerte sich nach unten und leitete so die Entwicklung zur Unterlänge ein, die noch heute beim handschriftlichen und kursiven f erscheint; die angelsächsische Minuskel übernahm diese Form. Bei der Halbunziale gab es außerdem eine oben gerundete Form mit hoch angesetztem Querstrich, die ebenfalls eine leichte Unterlänge aufwies. Sie bildete offensichtlich das Vorbild für das f der karolingischen Minuskel, das die noch heute vertraute Form des gemeinen f ankündigte. Der Stamm endete dabei oft auf der Schriftlinie, wies in anderen Fällen aber auch deutliche Unterlängen auf, die sich zu Beginn der Neuzeit im Falle der Bastarda oder auch auf kalligraphischen Blättern zum Teil extrem langgezogen und spitz auslaufend präsentierten.

Gutenbergsche Textur

Luthersche Fraktur

Renaissance-Kursive

Garamond, Renaissance- Antiqua

Schwabacher

Times, Barock-Antiqua

Futura, serifenlose Antiqua

 

Die durch eine senkrechte Zierlinie auf der rechten Seite des F verbundenen Querstriche kamen in gotischen und späteren Frakturformen ebenso vor wie bei den lombardischen Initialen. Der Fälscher der Hitlertagebücher hatte mit diesen Querstrichen offensichtlich Probleme: Statt der Initialen AH klebte er FH auf den Buchdeckel, der dann ohne Beanstandung auf der „Stern“-Titelseite erschien.